Ich war noch niemals in New York!? Aber auch, wenn man der Freiheitsstatue schon einmal live gegenüber gestanden hat, so lohnt sich eine Reise in das gleichnamige Musical, welches in Zürich spielt, wirklich sehr.
Seit dem 1. November spielt Mathias Edenborn in seiner neuen Rolle den Axel Staudach. Axel ist ein Wildtierfotograf, der unfreiwillig eine Schiffsreise macht, die sein komplettes Leben auf den Kopf stellen soll. Grundlage des Stücks sind die Lieder von Udo Jürgens. Egal, ob man nun Fan dieser Musik ist oder nicht, das Stück und vor allem Mathias haben einen Besuch im Theater 11 verdient.
Die Rolle ist Mathias wirklich wie auf den Leib geschneidert, seine Stimme passt hervorragend zu dieser Bühnenrolle. Schauspielerisch ist er einfach grandios und besonders hervorheben muss man sein komödiantisches Talent, welches er an vielen Stellen ausspielen kann. Das Musical ist aber nicht nur komisch, es hat Tempo, bunte und schrille Kostüme, aber auch leise und nachdenkliche Momente. Fetzige Choreografien und gute Laune pur. Die Geschichte ist modern und aktuell. Man könnte sie generationsübergreifend nennen.
Die Rolle des Axel Staudach ist sehr breit gefächert. Mathias stellt diesen zunächst abenteuerlustigen, alleinerziehenden Vater seines Sohnes aus erster Ehe mit viel Lässigkeit dar. Als er auf die berühmte Fernsehmoderatorin Lisa Wartberg trifft, wird es turbulent. Die Beiden sind sehr gegensätzliche Menschen, die aber ein gemeinsames Ziel haben: Sie wollen ihre Eltern, die gemeinsam aus dem Seniorenheim getürmt sind, von einem Kreuzfahrtschiff holen. Natürlich läuft zunächst alles schief und Lisa und Axel geraten von einem Streit in den nächsten, aber sie haben „Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff“.
Es macht sehr viel Spaß, Mathias und seiner Kollegin Sabine Hettlich zuzusehen. Beide leben die Rollen auf der Bühne voll aus. Hier gelingt es Mathias hervorragend, den liebevollen Vater zu spielen, der aber manchmal von seinem cleveren Sohn Florian auf nette Art ausgetrickst wird. Die Dialoge zwischen Axel und Lisa sind spritzig und frech und bringen immer wieder Lacher mit sich. Abgerundet wird die Geschichte durch die anrührende Geschichte der Senioren, Maria Wartberg (Mutter von Lisa) und Otto Staudach (Vater von Axel). Langweilig wird das Stück nie, da es dort auch noch Lisas persönlichen Assistenten Fred gibt und seinen Freund Costa, dem seine griechische Insel fehlt. Das schwule Pärchen wird sehr sympathisch dargestellt von Sven Olaf Denkinger und Luciano Mercoli. Auf dem Schiff kommt es zu vielen Verwechselungen, die von der gesamten Cast eine enorme Leistung abfordern. Es wird getanzt und gefeiert, die Drehbühne schafft fließende Übergänge. Mathias' Rolle ist riesig, denn er ist, besonders im zweiten Akt, fast ständig auf der Bühne. Seine Tanzeinlagen wirken leichtfüßig und es ist herrlich zu sehen, welche Spielfreude er hat. Auch gesanglich hat er eine Menge Arbeit, die er aber meisterhaft umsetzt.
Wenn er „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ singt und dabei in Erinnerungen an seine große Jugendliebe denkt, geht auf der Bühne richtig die Post ab. Bei „Immer wieder geht die Sonne auf“ gibt es ein Duett mit Lisa, die mittlerweile gar nicht mehr so biestig ist. Ein besonderes Highlight ist „Vater und Sohn“. Axel verarbeitet in dem Lied seine Jugend, in der sein Vater selten zuhause war. Das Stück interpretiert Mathias mit solch einer Wärme und viel Gefühl, so dass es im Zuschauerraum ganz leise wird und das Musical einen ganz großen, aber stillen Moment erlebt, der sehr intensiv ist. Die Vielseitigkeit des Musicaldarstellers Mathias Edenborn wird kurz darauf ganz deutlich, wenn er laut, mit kräftiger und starker Stimme, und mit viel Witz „Merci, Chérie“ trällert, so dass kein Auge vor Lachen trocken bleibt. Ein weiteres Duett mit Lisa ist später das Lied „Bleib doch bis zum Frühstück“, bei dem die Beiden vom Ensemble im Broadway-Stil unterstützt werden.
Nach viel Fröhlichkeit kommt auch ein wenig Traurigkeit auf, wenn Sabine Hettlich und Mathias Edenborn „Gib mir Deine Angst“ interpretieren. Das Finale wird schließlich wieder bunt und fröhlich von der gesamten Cast eingeläutet mit „Heute beginnt der Rest Deines Lebens“.
Fazit:
Die brillante Leistung von Mathias, aber auch der gesamten Cast lassen völlig vergessen, dass die Geschichte auf bekannten Schlagermelodien aufgebaut ist. Durch die guten Musicalstimmen bekommen die Songs einen ganz besonderen Charme und völlig neuen Charakter. Für viel Spaß, ein paar nette kurzweilige Stunden und jede Menge Lacher, aber auch nachdenkliche Momente ist bei „Ich war noch niemals in New York“ auf jeden Fall gesorgt.
Zum Schluss noch ein paar Tipps für Musicalbesucher:
Kleiner Wermutstropfen sind leider die recht hohen Preise. Andererseits ist aber auch Zürich eine wirklich sehenswerte Stadt.
Leider gibt es keine Besetzungslisten, aber dafür sind im Programmheft viele Fotos, die für Mathias-Fans sicherlich eine Freude sind.
Die Sicht im Theater dürfte von allen Plätzen recht gut sein. Die Bestuhlung beginnt erst mit der dritten Reihe.
Das Foyer gleicht eher einem Kino als Theater. Das Vorderhauspersonal ist sehr bemüht und freundlich.
Für die Anreise mit dem Auto: ein Parkplatz befindet sich gegenüber des Theaters, ein Parkhaus ganz in der Nähe.
Für die Anreise per Bahn: das Theater liegt in der Nähe des Bahnhofs Zürich-Oerlikon-Ost
Für die Anreise per Flugzeug: es gibt mehrere Möglichkeiten, z. B. mit der Bahn oder dem Bus, aber empfehlenswert ist die Fahrt mit der Tram # 10 für 2,60 CHF bis zur Haltestelle Sternen-Oerlikon. Von dort sind es nur wenige Minuten bis zum Theater.
Bühnentür: Wenn man das Theater verlässt, nur ein paar Schritte nach links, direkt an der Hauptstraße, Hausnummer 7 (direkt nebenan beginnt das Messezentrum, Halle 9)
Ursula (12.11.2012)